Der Marktplatz

Als Vorgängergebäude der heutigen Wohnbebauung schlossen sich - getrennt durch das Salzgäßchen - nördlich des Alten Rathauses die Häuser Markt 2 und 3 an. Die im Leipzig des 17.und 18. Jahrhunderts bekannte Gelehrten- und Ratsherrenfamilie Jöcher ließ sich bis 1695 am Markt 2 ein stattliches Wohn- und Geschäftshaus errichten. Zwölf Jahre später nahmen Barockbaumeister Johann Gregor Fuchs und Zimmerermeister Johann Christian Schmidt einen Umbau des "Jöcherschen Hauses" vor, welcher dessen Erscheinungsbild bis zur Zerstörung Ende 1943 prägte. Besonders imposant wirkten der kastenförmige Dachausbau mit Balustrade sowie die über drei Stockwerke ausgebauten Dachfenster. 1738 fügte Maurermeister Christian Döring ein Mittelportal mit Balkon und zwei weiblichen Figuren als Bekrönung hinzu. Nach dem Erwerb von jeweils zwei Bürgerhäusern am Markt und an der benachbarten Reichsstraße ließ der Bankier und Handelsherr Michael Koch hier ab 1735 durch Baumeister George Werner einen gewaltigen Handelshof für eine ebensolche Bausumme von 130.000 Talern errichten. Seit seiner Fertigstellung 1738 galt "Kochs Hof" als Paradebeispiel jener multifunktionalen Leipziger Bürgerhäuser, die Wohn-, Repräsentations-, Handels- und Wirtschaftsgebäude in sich vereinigten. Dementsprechend gestaltete Werner auch die Grundrisse: An beiden Straßenfronten befanden sich Läden, getrennt durch eine mittig angeordnete Durchfahrt. Es folgten zwei Innenhöfe, die beiderseitig eingebaute Gewölbe für den Verkauf von "Meßwaaren" besaßen, während im Mittelbau, der den Innenraum teilte, eine Waschküche sowie die Pferdeställe untergebracht waren. Die Obergeschosse beherbergten neben Wohnungen und Kontorräumen auch einen Festsaal, die mehrfach ausgebauten Dachböden hingegen dienten hauptsächlich der Lagerung von Handelsgütern zwischen den Messen. Kochs Hof als das wohl größte dieser für Leipzig typischen Bauensembles (auch Durchhäuser genannt) beeindruckte sicherlich auch den jungen Goethe, der 1811 in "Dichtung und Wahrheit" dazu schrieb: "Jedoch ganz nach meinem Sinn waren die mir ungeheuer erscheinenden Gebäude, die nach zwei Straßen ihr Gesicht wendend, in großen, himmelhoch umbauten Hofräumen eine bürgerliche Welt umfassend, großen Burgen, ja Halbstädten ähnlich sind." Leider erinnern heute nur noch einige Quadratmeter einer im Stil des Spätbarock bemalten Tapete an Kochs Hof. Dieses prachtvolle Kunstwerk wurde 1749 durch den Maler Benjamin Calau im Auftrag der Erben Kochs geschaffen und gehörte einst zur Ausstattung der Wohnräume. Das sogenannte Tapetenzimmer entging glücklicherweise dem Schicksal der Kriegszerstörung, da es bereits um 1900 in den Besitz des Stadtgeschichtlichen Museums gelangte, wo es auch heute noch zu bewundern ist.

Nach Beseitigung der Kriegstrümmer an der Nordostecke des Marktes begann man 1962 mit der Errichtung eines "Wohnkarees" zwischen Salzgäßchen, Reichs- und Katharinenstraße. Bis 1964 entstand nach Plänen der Architekten Heinrich Göller und Klaus Poller ein fünf- bis sechsgeschossiger Komplex mit insgesamt 249 Wohnungen. Die Ladenzone im Erdgeschoß wird überwiegend vom Textil- und Schuhhandel dominiert, bekannter und überaus beliebt bei den Leipzigern ist jedoch die "Milchbar Pinguin" mit ihrer im Original erhaltenen Leuchtreklame aus der Erbauungszeit. Sowohl vom Salzgäßchen als auch vom Sachsenplatz aus führen Durchgänge in den Innenhof. Hier findet man einen Springbrunnen, der nach Entwürfen der Bildhauerinnen Elfriede Ducke und Hanna Studnitzka geschaffen wurde. Die gesamte Wohnanlage steht heute bereits unter Denkmalschutz.