Der Marktplatz

"Die gesamte Mitternachtsseite des Marktes von der Waage an ist mit massiv erbauten, drey bis vier Stockwerken hohen und zum Theil mit Schiefer bedeckten Häusern besetzt, in deren Erdgeschoß Kaufmannsgewölbe sind. Ein vorzügliches schönes, vier Stockwerke hohes und 20 Fenster breites Gebäude ist das Eckhaus an der Hainstraße. Sowohl wegen seiner edlen Bauart als auch wegen seiner inneren Einrichtung." Mit diesen Worten beschrieb der Reiseschriftsteller F. G. Leonhardi in seiner 1799 verfassten "Erdbeschreibung der Churfürstlichen und Herzoglich sächsischen Lande" das Eckhaus mit der heutigen Doppeladresse Markt 7 / Hainstraße 2. Hervorgegangen ist dieses Bauensemble aus ursprünglich zwei, um 1580 errichteten Handelshäusern, die während eines Umbaus 1807 innen und außen baulich vereint wurden. Die optische Zusammenfassung von jeweils vier Fensterachsen der Marktfassade mit neobarocken Stilelementen in Verbindung mit den unterschiedlich gestalteten Dachgiebeln weist bis heute auf die ehemalige Zweiteilung des Gebäudes hin. Eine lange Tradition besteht durch die Präsenz diverser Geldinstitute: Bereits ab 1763 hatte der Bankier Johann Heinrich Küstner hier sein Wohn- und Geshäftshaus, 1862 richtete man ein Wechsel-Comptoir ein, bevor 1873 die Übernahme durch das Bankhaus der Gebrüder Becker erfolgte. Nach einigen Grunrissänderungen und dem Einbau eines Tresors 1886 gelangte die Immobilie 1902 in den Besitz der renommierten Allgemeinen Deutschen Credit-Anstalt (ADCA), während 1915 eine Filiale der Leipziger Stadtsparkasse einzog. Diese ist seit 1993 Eigentümer des Hauses und errichtete im Rahmen einer denkmalgerechten Rekonstruktion 1994-96 die hoch moderne Geschäftsstelle Hainstraße 7. Ein Kuriosum ist der Weinstock, der 1870 vor der Marktfassade angepflanzt wurde. Dieser steht seit 1990 in Pflege des Leipziger Marktwinzers, der auch für die jährliche Weinlese und das Keltern bei einem sächsischen Winzer zuständig ist. So entstehen jedes Jahr wenige Flaschen des exklusiven "Leipziger Markttröpfchens". Über den Geschmack dieser Rarität ist dem Verfasser allerdings nichts bekannt...